Ich weiß es doch auch nicht …

Julia fragt sich: Wo anfangen? Wo anfangen, wenn es so viel zu sagen gibt? Ist nicht schon genug gesagt? Ist jemals genug gesagt?

Ich weiß es doch auch nicht! Ich hab‘ doch auch keine Ahnung! Genau das möchte ich ganz oft sagen, wenn jemand fragt: „Wie glaubst leicht du, dass wir tun sollten?“ Aber ich weiß, dass wir was tun müssen. Dass Veränderung nur dann passiert, wenn wir nicht wie bisher weiter machen. Transformation braucht Arbeit. Ja. Sie braucht Mut. Auch dazu ja. Und ich glaube, sie braucht auch die Fähigkeit, auszuhalten. Sachen und Situationen auszuhalten. Auszuhalten, dass Dinge sind, wie sie sind. Auszuhalten, dass Dinge nicht mehr sein können, wie sie lange waren und auszuhalten, dass sich das furchtbar anfühlt phasenweise.

Vor kurzen habe ich auf einem Badesee-WC gelesen: „Man stellt sich eher das Ende der Welt vor, als das Ende des Kapitalismus.“ Da ist was Wahres dran, an dieser Kloweisheit. Wieviel Gutes passt in ein schlechtes System und wie verändern wir ein schlechtes System? Wahrscheinlich genauso, wie man einen Elefanten isst: Einen Bissen nach dem anderen. Einen Schritt nach dem anderen. Und Schritte können immer nur von dem Punkt aus gesetzt werden, an dem Eine*r grad steht. Wir müssen also das große Ganze sehen und dann genau bei uns anfangen. Bei unserem Handlungsspielraum. Es geht nicht um Wahrhaftigkeit. Es geht um Vorstellungskraft, es geht um Vision und es geht für mich auch um Glauben. Aber nicht den, den wir in Gotteshäusern praktizieren, nicht um institutionalisierten Glauben. Mein Glaube ist der, dass wir als Menschen gemeinsam Großes und Gutes tun können. Dass uns Gemeinschaft auch Gemeinwohl bringt. Und dass die Vereinzelung, die wir erleben, wesentlich dazu beiträgt, dass wir uns machtlos und ohnmächtig fühlen.

Wenn wir als Einzelne also nicht genug Macht (und vor allem auch Geld) aufstellen können, dann müssen wir uns zusammentun. Miteinander reden, uns bestärken, uns unterstützen und gemeinsam die kleinen und großen Dinge voranbringen. Aber mit dem miteinander Reden und dem sich gegenseitig Zuhören, damit fängt es mal an.

Reinhard Herok denkt in diesem Zusammenhang darüber nach, wie wir das aushalten können und wie wir dabei menschlich bleiben.

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